NIL – Warum der Markt an deutschen Spielern immer schwieriger wird

Wer mich (Jan) in diesen Tagen reden hört, hört häufig den Satz, „ich hoffe, dass wir unsere deutschen Spieler halten können. Der Markt an deutschen Spielern ist dieses Jahr eine Katastrophe“. Doch weshalb ist das so? Der Grund sind die sogenannten NIL-Deals, von denen unter anderem auch Jacob Patrick (noch nicht bestätigt) und Domynikas Pleta profitieren, welche wohl beide nach dieser Saison den Sprung ans College wagen werden.
Doch was sind diese „NIL-Deals“ und welche Auswirkungen haben diese auf den Ludwigsburger, den deutschen- und den europäischen Spielermarkt?

Was ist ein NIL-Deal?

Früher war das stärkste Argument, weshalb ein Spieler an ein College gegangen ist, dass dieser die universitäre Ausbildung und den Sport gut unter einen Hut bekommen konnte. Trainieren und studieren an einem Campus mit dem amerikanischen Feeling, dies hat viele Spieler angezogen, doch die absoluten Topjugendspieler haben diesen Weg selten eingeschlagen.
Am College konnte man in der NCAA nebenher kein Geld verdienen. Durch ein Gerichtsurteil 2021 hat sich dies allerdings geändert und die NIL-Deals wurden möglich gemacht.
NIL steht hierbei für „Name, Image, Likeness“ und betrifft die „Marke“ eines Spielers, also die Möglichkeit seinen Namen, seine Bilder und auch seine Beliebtheit zu vermarkten und zu Geld zu machen.
Somit ist es bspw. möglich, dass College-Spieler Sponsorendeals annehmen und neben dem College Geld verdienen können. Somit hat der US-College-Basketball mit seinen großen Marken ein großes Argument für Spieler dazu gewonnen.

Was bedeutet dies für die junge Spieler?

In erster Linie bedeutet dies, dass Spieler an einem US-College neben der schulischen- und basketballerischen Ausbildung nun Geld verdienen können. Die Entwicklung ging in den vergangenen Jahren immer mehr in diese Richtung, erreicht den europäischen Basketball in der diesjährigen Offseason nun vollständig.
Was an einem College verdient werden kann, ist unterschiedlich, übersteigt in den allermeisten Fällen allerdings deutlich das Geld, was man im europäischen Basketball verdienen kann. Hier reden wir bei bekannteren jungen Spielern schnell mal von einer Summe im Millionenbereich.
Auch weitere Spieler sind knapp unterhalb der Millionengrenze pro Saison. Als Beispiel nehmen wir hier einmal den zukünftigen No1-NBA-Pick Cooper Flagg, welcher in der vergangenen Saison NIL-Deals in Höher von 28 Millionen Dollar abgeschlossen hat.
Ob dieser Betrag jährlich oder den Gesamtwert beschreibt, ist zwar unklar, allerdings kann man von mehreren Millionen US-Dollar pro Saison ausgehen. Dabei sind solche Deals keine Seltenheit. So werden die Top Highschool Spieler der Saison, welche nun ans College gehen, bei mindestens 4 Millionen US-Dollar vermutet. Somit wird kaum ein Spieler, welcher diese Chance bekommt, sich gegen einen Wechsel ans College entscheiden und in Europa verweilen.

Welche Probleme bringt dies für die Vereine mit sich?

In erster Linie wird sich aus wirtschaftlicher Sicht jedes Team zumindest intern die Frage stellen, inwieweit lohnt sich Jugendarbeit? Aktuell sehen wir mit Grünloh und Steinbach, dass starke Spieler direkt mit Millionendeals ans College gelotst werden.
Somit können die heimischen Vereine auf der (wirtschaftlichen) Haben-Seite wenig von der Entwicklung der Spieler verbuchen, in die Zeit, Ressourcen und schlussendlich Geld investiert wurde.
Größtes Problem hierbei ist, dass Verträge nur Schall und Rauch sind. Die NCAA ist kein Teil der FIBA und agiert damit unabhängig von geschlossenen Verträgen. Somit sind Spieler oftmals ohne eine Ablösesumme ans College gewechselt und die Vereine stehen mit leeren Händen da.
Das sich dies in den kommenden Jahren verändern könnte ist unbestritten, allerdings ist das komplette NIL-Wesen aktuell in der Entwicklungsphase. Als ein erster Schritt soll ein „Letter of Clearance“ eingeführt werden, welchen die Spieler benötigen, um ein College zu wechseln. Dieses Vorgehen wurde von der NCAA bis Mitte Mai allerdings noch nicht bestätigt. Ob diese einverstanden sind, Geld für junge Spieler nach Europa zu zahlen, darf jedoch bezweifelt werden.

Wie wirkt sich dies auf den globalen Basketball aus?

Ich erlaube mir einen Blick in die Zukunft und ich denke, gerade für den europäischen Basketball ist dies – die Vereine ausgeklammert – eine große Chance. Immer mehr europäische Spieler werden an den Colleges ausgebildet und verdrängen dort US-Spieler. Dementsprechend könnte die Entwicklung dahin gehen, dass immer mehr starke Europäer vom College abgehen und die Qualität im US-Basketball zurück geht. Sobald die Spieler vom College gehen, werden mehr deutsche Spieler auf den Markt kommen und die Situation wird sich ggf. etwas entspannen. Bis wir diese Situation erreichen, wird es jedoch 2-4 Jahre dauern. Bis dahin wird man einen Mangel an starken deutschen Spielern in der BBL beobachten können.

Welche Spieler gehen diese Saison an ein US-College?

In den letzten Jahren war es eher selten, dass ein BBL-Rotationsspieler ans College wechselte, diese Saison ist es die Regel.
So verlassen absolute deutsche Top-Talente wie Johann Grünloh (Rasta Vechta), Hannes Steinbach (Würzburg), Sananda Fru (Braunschweig) und Ivan Kharchenkov (Bayern München) die BBL. Uns betrifft es wohl mit Jacob Patrick, sein Wechsel nach Loyola hat sich wohl zerschlagen und Domynikas Pleta welcher zu Iowa State wechseln wird.
Andere Spieler, die aus der BBL den Sprung ans College wagen sind der Braunschweiger Martin Kalu, der Hamburger Leif Möller sowie die Berliner Elias Rapieque und Amon Dörries. Auch aus der Pro A wechseln interessante Spieler in die USA, unter anderem die Big Man Vincent Neugebauer von Tübingen, Antonio Dorn aus Kirchheim oder der Beste U22-Spieler der Pro A Alexander Richardson von Düsseldorf.
Ebenfalls wechselt das große deutsche Talent Mathieu Grujicic von der zweiten Mannschaft des FC Barcelonas an ein College.
Es wechseln sowohl große Talente als auch Pro A Spieler in die USA, wodurch die Teams ihre Spots neu besetzen müssen und somit die Auswahl an starken deutschen Spielern geringer wird. Dies bietet zwar eine Chance für Spieler, welche bisher eher in Reihe 2 standen, sorgt allerdings auch dafür, dass der deutsche Spielermarkt dieses Jahr für mich „eine Katastrophe“ ist.

Fazit

Die kommenden Jahre werden sehr interessant werden, gerade wie sich der Basketball mit den NIL-Deals entwickeln wird. Zunächst einmal werden wir eine Verknappung des deutschen Spielermarkts erwarten können.
In 3-4 Jahren könnte diese Verknappung durch die ersten College-Abgänger wieder behoben sein, wobei zukünftig wohl deutlich mehr Toptalente aus Europa den Sprung an ein College gehen werden. Die NIL-Deals sind definitiv kurzfristig eine Gefahr, mittel- und langfristig vielleicht sogar eine Chance für den europäischen und deutschen Basketball.
Wichtig für die Vereine wäre jedoch, dass diese für ihre Ausbildung im Jugendbereich entschädigt werden, sonst werden die Investitionen in den Nachwuchs mit den Jahren weniger werden.